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Möglich Zulassungspflicht von Onlinekursen nach FernUSG? Gestaltung von digitaler Weiterbildung.

Neben meiner Tätigkeit als Autor, Blogger und Controller bin ich auch Dozent und biete sowohl individuelle SAP Schulungen als auch welche in Kooperation mit Espresso Tutorials auf unkelbach.expert an. Daher habe ich mich direkt in das Thema weiter eingelesen und im folgenden Artikel meine Gedanken und Hintergründe festhalten.
In meiner Erinnerung war das Thema FernUSG für Onlineschulungen schon in den letzten Jahren immer wieder ein Thema, aber der obige Artikel fasst die Situation noch einmal gut zusammen, so dass ich auf diesen gerne verweise und mich auch hier etwas mit diesem Thema beschäftigen möchte.
Dabei betrifft dieses Thema sowohl Angebote von B2C (Business-to-Consumer) als auch B2B (Business-to-Business) also Angebote die sich sowohl an Verbraucher als auch Unternehmen richten. Dies bedeutet, dass Angebote die sich an Unternehmen und nicht Verbraucher wenden gerade nicht vom FernUSG augenommen sind.
Gestzliche Regelung des FernUSG
Für Schulungsanbietende dürfte der § 7 FernUSG (Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht) "Nichtigkeit; Recht zur fristlosen Kündigung" problematisch sein, sofern keine Zulassung des Fernlehrgang erfolgt ist. Hier ist auch eine entsprechende Widerufsbelehrung erforderlich.
Der § 1 FernUSG definiert, in welche Formen von Veranstaltungen Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes sind und im weiteren Verlauf des Gesetzes wird festgehalten wo eine entsprechende Zulassung nach § 12 Zulassung von Fernlehrgängen erforderlich sind.
Rümliche Trennung / Synchrone oder asynchrone Veranstaltungen
Immerhin sind "reine" Online-Seminare nicht zulassungspflichtig, da sie synchron in Echtzeit stattfinden und keine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden im Sinne des FernUSG besteht. Entsprechende Hinweise gibt darauf die FAQ der ZFU.Die ZFU ist die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht als zuständige Behörde für die Länder im Sinne des Fernunterrichtschutzgesetzes (FernUSG). Hinweise auf die räumliche Trennung gibt diese unter anderen zur Frage "Wann liegt Fernunterricht vor?" (zfu.de).
Lernkontrollle oder Fragen im Kurs
Sofern die Veranstaltung auch asynchron stattfindet, stellt sich die Frage der Überwachung der Lernkontrolle nach § 1 I Nr.2 FernUSG. Die im Artikel erwähnte BGH Entscheidung stellt die Lernkontrolle auch schon darauf ab, dass die Möglichkeit für Rückfragen eine individuelle Lernkontrolle sein kann. Die Frage ist jedoch, laut BGH-Urteil, auch, ob eine solche mündliche Kontrolle vertraglich geschuldet ist, oder ob diese als Element im Kurs zum Austausch gegeben ist.Seitens der ZFU (siehe Abschnitt ZFU-Check ...) unterliegt das Anbieten eines Live-Chats oder die Möglichkeit der telefonischen Nachfrage die Anforderungen einer Lernerfolgskontrolle, da hier der Lernfortschritt kontrolliert werden kann.
Das Thema Rückfragen während einer Schulung kann aber auch in der Richtung betrachtet werden, dass diese nicht für die Ermittlung eines individuellen Lernstandes dienen bzw. kein verpflichtendes Fragerecht in Richtung einer individuellen Rückmeldung, die als Lernstandüberprüfung gewertet werden kann, betrachtet werden. In meiner Schulung nutze ich die Live-Session bspw. für einen Erfahrungsaustausch, um hier konkrete Erfahrung basierend auf Übungen und Beispielen zu besprechen und somit Raum für einen Austausch auf Augenhöhe und nicht in Richtung einer Kontrolle zu geben. Oft gibt es hier auch tiefergehenden Input durch einzelne Teilnehmende, was sich gerade bei größeren Gruppen mit unterschiedlichen Branchen positiv auswirkt.
Gerade für Formate mit "Blendend Learning" Elementen, Möglichkeit der Rückfragen (gelten als Kernkontrolle) oder allein die Aufzeichnung eines Live-Termins zum späteren zeitversetzten Abruf kann hier für Online Schulungen ein Problem sein.
ZFU-Check oder Überprüfung auf Antragspflicht der ZFU
Die ZFU bietet am Ende der Seite https://zfu.de/veranstaltende/zulassung die Möglichkeit der Überprüfung, ob das Angebot eine Antragspflicht umfasst.Der Fachbereich Erwachsenenbildung und Familienbildung des Zentrum Bildung der EKHN hat die aktuelle Lage unter "Zulassungspflicht für Selbstlernkurse und Blended Learning Formate?" näher dargestellt und hier auch auf das Prüf-Tool der ZFU (ZFU-Check) verwiesen.Es werden folgende Fragen geprüft:
1. Entgelt
Entstehen dem Teilnehmenden Kosten?
2. Vertragliche Grundlage
Schließen Sie oder ein Dritter für Sie mit dem Teilnehmenden einen Vertrag?
3. Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
Vermittelt Ihr Angebot Kenntnisse und Fähigkeiten?
4. Lernerfolgskontrolle
Findet eine Lernerfolgskontrolle statt?
Dabei geht es um eine individuelle Lernkontrolle (kein automatischer Multiple Choice Test), jedoch wird schon die Möglichkeit von fachlichen Rückfragen als Möglichkeit des Lernstatus festzustellen gesehen und damit einer Lernerfolgskontrolle gleichgesetzt.
5. Überwiegende räumliche Trennung
Ist der zeitliche Anteil für die Vermittlung der Lehrgangsinhalte hauptsächlich (mehr als 50%) in asynchroner Form?
Eine synchrone Form der Veranstaltung kann auch schon eine Videokonferenz sein, lediglich wenn die Live-Veranstaltung auch aufgezeichnet wird, handelt es sich dabei um eine asynchrone Veranstaltung.
6.Hobby-Lehrgang
Handelt es sich um einen Hobby-Lehrgang?
Das Ergebnis " Die Abfrage kommt aufgrund Ihrer Angaben zu folgendem Ergebnis und dient als erste Einschätzung: Ihr Angebot benötigt keine Zulassung/Registrierung. " kann dabei beruhigend sein oder auch weitere Fragen aufwerfen, insbesondere bei Unsicherheit wie die einzelne Antwort zu bewerten ist.
Kosten der Zulassung
Die Verwaltungsgebühren der ZFU sehen die Zulassung eines Fernlehrganges bei 150 % des Verkaufspreises aber mindestens 1.050 Euro (Quelle https://zfu.de/veranstaltende/zulassung (Abschnitt Zulassungsgebühr). Diese werden für alle Kurse einzeln erhoben. Daneben gibt es aber auch eine Fortbestandsprüfung eines Fernlehrganges mit 30 % des Verkaufspreises. Eine solche Überprüfung findet alle drei Jahre statt. Die Zulassung selbst erfolgt unbefristet, aber die Prüfung erfolgt dann eben doch.Reaktion von Schulungsplattformen
Interessant ist, wie hier Schulungsplattformen reagieren. Persönlich bin ich froh, dass Online-Seminare Schulungen in Präsenz gleichgesetzt sind und diese als synchrone Veranstaltung gelten, sofern keine Aufzeichnung angeboten wird.Für Schulungsanbietende ist dann auch noch die Frage, was der Vertragsgegenstand ist. So sind bei reinen Videoabrufen ohne Lernkontrolle dies noch einmal eine andere Frage und interessant wäre die Frage, ob ein optionales Angebot einer Live-Session hier prägend für die gesamte Weiterbildung ist.
Im Ergebnis sollte es wohl für beide Seiten eine Risikoabwägung sein.
Stellungnahme Deutsche Normenkontrollrat
Der nationale Normenkontrollrat (NKR), ein unabhängiges Expertengremium, dass die Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bürokratieabbau und Rechtsetzung beraten soll und organisatorisch beim Bundesministerium der Justiz (BMJ) angesiedelt ist, fordert eine Abschaffung de FernUSG, da dieses nach seiner Einführung nicht mehr an aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung angepasst worden ist (siehe Pressemitteilung zum Fernunterrichtsgesetz).Fazit
Persönlich bin ich sehr froh, dass Medien (wie heise online) Sachverhalte auch für Nichtjuristen erläutern und gleichzeitig froh, dass ich meine Schulungsangebote gemeinsam mit einem Partner anbiete und bei individuellen Schulungen diese synchron halte (ohne Aufzeichnung, aber mit Handout).Dennoch ist dies für alle Anbietende von Schulungen ein Punkt, der mit geprüft werden sollte und natürlich auch für mich als Dozent eine Frage der Risikoabwägung. Gefühlt sind hier sicher mehrere Aspekte innerhalb eines Lernformates relevant, die bei der Gestaltung eines Kurses zu hinterfragen sind. Ob Rückfragen innerhalb eines Kurses einer Lernkontrolle entsprechen wäre für mich auch eine Formatfrage, gerade wenn das gegenseitige Lernen und der Austausch innerhalb einer Gruppe auch ein wichtiger Bestandteil ist.
Punkte zur Verringerung des Risikos könnten sein:
- keine Aufzeichnungen (synchrone Veranstaltung)
- kein verpflichtendes Fragerecht in der Veranstaltung)
- Gegenprobe des eigenen Lernangebotes zu den Kriterien der ZFU und eine bewusste Entscheidung, ob eine Zulassung des Onlinekurses bei der ZFU notwendig erscheint.
Eine weitere Frage wäre auch noch, wie der Vertrag zum Onlinekurs gestaltet ist und ob hier die Teilnahme oder ein überprüfbarer Lernerfolg geschuldet wird, auch wenn dies sicherlich eine Detailfrage ist, die so in dem oberen Fragenkatalog nicht vorkommt.
Es gibt seitens IHK und weiteren Verbänden durchaus unterschiedliche Empfehlungen und in der Praxis wird es wohl auf eine individuelle Bewertung hinaus laufen. Dennoch ist es gut, sich mit möglichen Risiken und Hintergründen auseinander zu setzen und die eigenen Kurse auch unter den erwähnten Aspekten zu hinterfragen.
In Hinblick auf die Stellungnahme des Normenkontrollrates ist es auch spannend, ob hier noch eine Reform des FernUSG anstehen wird und wie sich die Rechtslage mittelfristig (in 2 bis 4 Jahren) ändern mag.
ein Angebot von Espresso Tutorials

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Diesen Artikel zitieren:
Unkelbach, Andreas: »Möglich Zulassungspflicht von Onlinekursen nach FernUSG? Gestaltung von digitaler Weiterbildung.« in Andreas Unkelbach Blog (ISSN: 2701-6242) vom 22.11.2025, Online-Publikation: https://www.andreas-unkelbach.de/blog/?go=show&id=1405 (Abgerufen am 23.11.2025)


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